Gebetshaus Bad Rotenfels

Nahe ist der Herr allen, die IHN anrufen, allen, die IHN in Treue anrufen!      Ps 145,18

Virtueller Adventskalender 2019 - Impulse

Di. 24. Dezember, Heilig Abend: Licht schafft Leben

"Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen,
sondern wird das Licht des Lebens haben."
Johannes 8, 12
Licht schafft Leben! Advent und Weihnachten liegen bei uns in Deutschland in der dunklen Jahreszeit. Die Sehnsucht nach Licht und Wärme in diesen Tagen ist älter als das Christentum und das Weihnachtsfest. Nach dem Schöpfungsbericht auf der ersten Seite der Bibel ist Licht das erste Schöpfungswerk Gottes. Auch in der Weihnachtsgeschichte spielt Licht eine besondere Rolle: Als der Engel des Herrn zu den Hirten tritt, um ihnen die Geburt des Heilands zu verkünden, ist der Himmel hell erleuchtet. Auf keiner Krippendarstellung fehlt die Laterne im Stall, und hell leuchtet über Bethlehem der Stern, der den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zum Kind in der Krippe weist. Was wäre die Advents- und Weihnachtszeit ohne das warme Licht der Kerzen am Adventskranz und am Christbaum! Wenn Jesus Christus von sich selbst sagt: „Ich bin das Licht der Welt“, dann öffnet er damit den Horizont zum wahren Leben. Gern wird dieses Jesuswort bei Taufen gesprochen. Dass die Hinwendung zu Jesus Christus zu einem neuem Sehen führt, ist christliche Grundüberzeugung von Anfang an. In der frühen Kirche hießen die Neugetauften griechisch „Photismoi“, zu Deutsch „die Erleuchteten“. Will doch Jesus Christus das Leben jedes getauften Menschen erleuchten und Licht bringen in so manche Dunkelheiten. Deshalb wird Gott Mensch. Er kommt mitten in unsere Welt, er will uns leuchten, Halt und Orientierung sein für unser Leben und Zusammenleben. Wo Licht ist, hat die Finsternis ein Ende. Wo Licht ist, gibt es Wärme und Geborgenheit. Wo Licht ist, wird ein Weg erkennbar, der in die Zukunft führt. Wie viel Trost und Zuversicht begegnen in diesem Bild von Christus als dem Licht der Welt! Viele Advents- und Weihnachtslieder greifen Jesus Christus als Licht des Lebens auf. So dichtet Paul Gerhardt in der dritten Strophe seines Weihnachtsliedes „Ich steh an deiner Krippen hier“:

Ich lag in tiefster Todesnacht,
du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
Des Glaubens in mir zugericht´,
wie schön sind deine Strahlen!

Möge Ihnen das Weihnachtsfest Zeit schenken, Jesus Christus als Licht in Ihrem Leben zu entdecken. Mögen Sie Trost und Zuversicht finden in dem Licht, das Gott auch in Ihrem Leben anzündet. Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das Jahr 2012.
U. Fischer

Mo. 23. Dezember: 

Auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht
und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir.
Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht 
leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit
 erscheint über dir.
Jesaja 60, 1-2

Gloria in excelsis Deo – was die Engel über den Feldern von Bethlehem singen, ist für viele der Inbegriff der weihnachtlichen Botschaft. Wenn Jesaja den Menschen verkündet: „Die Herrlichkeit geht leuchtend auf über dir“, schenkt er uns einen Vorgeschmack auf das kommende Fest. Gloria – Herrlichkeit – Gottes Gabe für eine Welt, die in Finsternis und Dunkel gefangen ist. Nicht, dass dieses Dunkel ein für alle Mal verschwindet, nicht, dass strahlender Tag die Nacht ersetzt, wird uns versprochen, wohl aber: ein Licht für die Nacht. 
„Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker.“ Wer in dieser Finsternis überleben will, dem bietet der Prophet ein Licht an - dem bietet Gott sich als Licht an. In vielfacher Hinsicht bleibt uns verborgen, wer Gott ist; viele Fragen des Lebens finden auch im Glauben keine Antwort: Finsternis und Dunkel – warum überhaupt? Eine hinreichende Erklärung der Welt bleibt uns verwehrt.  Was Gott uns aber von sich zeigt, ist seine Herrlichkeit, die uns erahnen lässt: Er will uns nicht als Gefangene der Finsternis, ihm liegt daran, uns zu Hilfe zu kommen. Im Kind in der Krippe leuchtet sie seine Herrlichkeit auf. Das Kind in der Krippe ist uns Garant dafür, dass Gott uns nicht einem blinden Geschick ausliefert. Mitten im Dunkel unseres Lebens, bedroht von den Finsternissen dieser Welt, können wir darum einstimmen in den Gesang der Engel: Gloria in excelsis Deo. Gott ist Mensch. Er verlässt uns nicht. 

U. Schwerfenbach

So. 22. Dezember, 4.Adventssonntag: Zeit der Dämmerung

Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens. Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm.
1. Johannes 1, 1+5

Um sechs Uhr klingelt bei mir der Wecker. Jeden Tag, auch im Dezember. Mein erster Blick geht ins finstere Schlafzimmer. Es ist stockdunkel! Schnell die Decke fester gezogen und die Augen geschlossen: Ich warte noch bis der Tag beginnt. Wenigstens zehn Minuten. Die nächtliche Finsternis macht es meinen Lebensgeistern schwer, meine Sinne zu aktivieren. Die Müdigkeit liegt bleischwer auf mir. Selbst wenn ich mich dann aus dem Bett gequält habe, fühlen sich die Knochen steif und unlustig an. Gut, dass nur eine Stunde später die Sonne oder zumindest das Licht durch die Dunkelheit bricht. Nur die zögernd einsetzende Dämmerung treibt mich letztlich aus den Federn: Bald wird es hell – die Kräfte kehren zurück, und der Tag kann beginnen. Ich bin ein Lichtmensch: Ohne Licht kann ich nicht leben.
Menschen benötigen das Licht. Licht stärkt das Immunsystem, bringt lebenswichtiges Vitamin D und verhindert Depressionen! Licht ist Leben. Kein Wunder also, dass der Apostel Johannes vom Wort des Lebens schreibt, dass Gott Licht ist und keine Finsternis in ihm. Gott ist Leben, schafft Leben und gibt uns Raum unser Leben zu entfalten. Wie Licht ein Zimmer erhellt, so erweitert Gott unseren Blick – von den alltäglichen Hiobsbotschaften hin zur frohen Botschaft: Gott wurde Mensch wie wir und ist mitten unter uns. Ja, anfassen konnten sie es, das Wort des Lebens, schreibt Johannes. Das Wort des Lebens im Kind Jesus Christus! Noch ist Advent: Zeit der Dämmerung!
Noch warten wir auf die Heilige Nacht, wenn die Engel verkünden: Er ist geboren!
Noch warten wir, bis das Licht die Finsternis unserer Welt gänzlich vertreibt. Und doch strahlt das Wort des Lebens schon von dort zu uns her.
E. Lemmaire


Sa. 21. Dezember: Kind des Schöpfers

Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
1. Johannes 3,1f

Wer einen Acker bebaut, bebaut ihn dazu, um das Angebaute zu erhalten. Wer einen Weinberg pflanzt, tut das, um das Gepflanzte zu behüten. Wer ein Haus baut, nimmt alle Mühe nur in der Hoffnung auf ein künftiges Heim auf sich. Aber was spreche ich da allein von den Menschen, da sogar die kleinsten Lebewesen alles mit der Zielrichtung auf die Zukunft hin tun? Wenn beispielsweise die Bienen die Grundlagen zu den Waben legen oder aus den Blüten den Staub herauslesen, was anderes treibt sie zum Thymian hin als das Verlangen nach Honig und Liebe zu den Nachkommen? Gott allein also, der auch den kleinsten Lebewesen diese Liebe zum eigenen Werk einflößte, soll sich der Liebe zu seinen Geschöpfen beraubt haben, während doch alle Liebe zum Guten aus seiner gütigen Liebe auf uns überging? Er selbst ist ja die Quelle und der Ursprung von allem; und weil wir in ihm, wie geschrieben steht, leben und uns bewegen und sind [Apg 17,28], haben wir von ihm auch jegliche Liebe empfangen, mit der wir unsere Kinder lieben. Nun ist aber die ganze Welt und das ganze Menschengeschlecht ein Kind seines Schöpfers, und gerade durch diese Liebe, wie er uns unsere Kinder lieben ließ, wollte er uns zu erkennen geben, wie sehr er seine Kinder liebe.
S. von Marseille

Fr. 20. Dezember: Sein Leben war das eines Menschen

"Er war Gott gleich,
hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,
sondern er entäußerte sich
und wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich
und war gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde
ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt:
"Jesus Christus ist der Herr" -
zur Ehre Gottes, des Vaters."
Philipper 2, 6-11

In diesem Hymnus beschreibt Paulus Weihnachten von einer für uns heutige Menschen ungewohnten Seite her. Vor unserem inneren Auge steht ein traditionelles Bild, beschaulich bis hin zur Gemütlichkeit: Maria - Josef - Jesus. Das ist eine heilige Familiengeschichte um ein wunderbares Kind. Das Bild weckt Mildtätigkeit, Besinnlichkeit und meist auch familiären Gemeinschaftssinn. Aber spiegelt es noch unseren Glauben wieder? Auf jeden Fall geht es an der Radikalität des Ereignisses glatt vorbei. Der Säugling in der Krippe ist Gott in der Gestalt eines Kindes. Das übersehen wir leicht. In diesem Kind ist der uraltewige Gott, der Allmächtige selbst Teil seiner Schöpfung geworden. Der Ewige beugt sich unter das Gesetz der Zeit, der Allmächtige schmeckt die Erfahrung der Ohnmacht, der große Gott wird ein kleines Kind. Paulus beschreibt Menschwerdung Gottes als Weg in die Entäußerung, ja in die Gefangenschaft. Der tiefste Ernst der Menschwerdung zeigt sich gerade nicht in der Krippe, sondern am Kreuz. Der menschgewordene Gott wird zum Kruzi-fixus, zu dem ans Kreuz Gehefteten. Damit umspannt Menschwerdung höchste Himmelsgewalt und tiefste Entmenschlichung - groß und klein fallen zusammen.
Aber Menschwerdung ist für Paulus nur ein Teil jener göttlichen Initiative, die groß und klein zusammenfügt, Himmel und Erde umspannt, Gott und Mensch verbindet. Aus der Erniedrigung ans Kreuz erwächst die Erhöhung des Gekreuzigten. Gerade weil er bereit war, sich klein zu machen, wird der Kruzifixus zuletzt groß gemacht; gerade weil er zur Erniedrigung bereit war, wird ihm Erhöhung zuteil. Die Wiedererringung der Herrlichkeit ist Frucht der Erniedrigung und zugleich ein Ausdruck der Größe und Ehre Gottes. Mit dem Lebensschicksal Jesu Christi kehrt eine neue Qualität ins Leben Gottes ein: Es gibt nicht mehr einfach oben und unten, groß und klein, allmächtig und ohnmächtig - Das Große hat sich im Kleinen bewährt, der Allmächtige hat in der Ohnmacht gelernt. Und so müssen Himmel und Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu. Er heißt übersetzt „Jahwe rettet.“ Dann ist Weihnachten.
T. Dietrich


Do. 19. Dezember: Wer ist im Himmelreich der Größte?

In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist im Himmelreich der Größte? Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: Amen, das sage ich euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf.
Matthäus 18, 1-5

Mir gefällt es, wie Jesus die Kinder wertschätzt. Kinder galten damals nicht als vollwertige Menschen, sie mussten erst dazu erzogen werden - mit Schlägen, wenn sie nicht gehorchten. Schwarze Pädagogik, die sich jahrhundertelang gehalten hat. Viele von uns könnten eigene, manchmal traumatische Erfahrungen erzählen. Und da stellt Jesus den Erwachsenen ein Kind als Vorbild hin? Unglaublich! Ich stelle mir dieses Kind vor, wie es im Kreis der Großen steht. Auf Augenhöhe sieht es Beine und Bäuche. Wenn es nach oben schaut, sieht es Augenpaare auf sich herunterstarren. Da hört es Jesus sagen „Wer so klein sein kann, wie dieses Kind…“ Ob einer der Jünger spontan in die Knie gegangen ist, um das auszuprobieren? Ob er die Ängste und Ohnmachtserfahrungen nachvollziehen konnte, die Kleine angesichts der Großen befallen können? Anders gefragt: Können wir Großen die Welt noch aus Kinderperspektive sehen? Können wir uns in kindliche Empfindungen und Bedürfnisse einfühlen, sie auch in uns selbst noch wahrnehmen? Oder haben wir "unsere Kindheit abgelegt wie einen alten Hut" (Erich Kästner)? Jesus ermutigt uns dazu, die Perspektive zu wechseln. Uns hineinzuversetzen und einzusetzen für Menschen, die klein sind oder klein gemacht werden: „Wer ein solches Kind aufnimmt, der nimmt mich auf.“  Denn Jesus, der Gott gleich war, hat den Perspektivwechsel vollzogen. Er hat sich erniedrigt, ist Kind geworden und sagt uns sogar: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“: Sind Kinder also die besseren Menschen? Ich denke nicht. In ihnen steckt all das an Licht- und Schattenseiten, was uns Menschen ausmacht. Sie sind aber Sinnbilder dafür, dass wir uns selbst nicht groß machen können, jedenfalls nicht vor Gott. Ist es nicht wunderbar, dass uns trotzdem - oder gerade deshalb - das Himmelreich offen steht?

S. Kast-Streib

Mi. 18. Dezember,  Wer darf ich sein?

"In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
Matthäus 11, 25+26

Unmündige heute? Die in der Tretmühle des Alltags oft kaum mehr Luft finden für sich selbst oder für wichtige Beziehungen. Deren Tage randvoll gestopft sind mit Dingen, die es zu erledigen gilt, mit Terminen, die einzuhalten, und Anrufen, die zu tätigen sind. Menschen, von denen das Leben viel fordert mit dem Druck einer schwierigen Lebenssituation, mit dem Druck, den sie sich oft selbst machen. Schön wäre es ja, bei jemandem so sein zu dürfen, wie ich wirklich bin, auch mit meiner Sehnsucht nach Leichtigkeit, mit meiner Sehnsucht nach Ruhe. Aber wagen, einem anderen dabei auch das Schwere hinzuhalten, ihm zu erzählen, wie es mir geht, zu sagen, was mir zu schaffen macht, ist gar nicht leicht.
Jesus hat gezeigt, was mit Gott zusammen möglich ist. Er hat von der Liebe Gottes gesprochen, die Ruhe und Geborgenheit schenkt, er hat sie erleben lassen. In dieser Liebe auszuruhen, bedeutet das Ende von ständiger Anspannung, von Druck, von Überforderung, von Fremdbestimmung, von Abgelehnt-, Verachtet- Gehetztsein. Das Wort Jesu „Ich preise dich, Vater“ enthält für mich das erste Wort, das Grundwort für uns Christen: „Vater“. Das erste Wort Jesu an uns: Kommt in die offenen Arme Gottes und lasst euch beschenken. Angesichts dieses einladenden Wortes, und der offenen Arme, die uns erwarten, heißt die erste Frage an uns Christen: Wer darf ich sein? Sie heißt nicht: Was muss ich tun? Jesus gibt uns in der Gemeinschaft der Söhne und Töchter Gottes ein Zuhause. Und wer darf ich da sein? Jemand, der unbedingt erwünscht ist und erwartet wird.
J. Kreidler

Di. 17. Dezember: Arm und Reich

"Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich."
Matthäus 5, 1-3

Ich hatte mir eine Taschenlampe zu Weihnachten gewünscht. Ich war fünf Jahre alt und wollte unbedingt diese Taschenlampe – sie hatte Form und Farbe eines Marienkäfers. Toll! Als meine Mutter sie eingepackte, musste ich mich umdrehen. Ich sollte nicht sehen, was mir das Christkind schenken würde. Ich erinnere mich heute noch: Mit Ernst und wohliger Vorfreude habe ich mir auch noch die Augen zugehalten. Es war mit Abstand das beste Weihnachtsgeschenk.
Selig, die arm sind vor Gott – denn sie haben noch nicht alles. Aber arm sein vor Gott? Das klingt irgendwie wenig attraktiv. Eher uncool. Arm sein. Wer will das schon?
Wäre es nicht auch manchmal schön, es hieße: "Selig, die reich sind vor Gott." Reich, nicht unbedingt an Geld, sondern an Gaben und Kompetenzen. An Liebe und Gelassenheit und Zeit. Reich an Humor und Zärtlichkeit für den Nächsten. Wenn ich auf diese Art reich bin, weiß ich, dass ich all dies geschenkt bekommen habe – von Gott. Es ist ein geschenkter Reichtum, den ich freudig mit offenen Händen und weitem Herz verschwenden kann. Dass ich Liebe, Zeit, Humor weiterschenken kann an andere. Und plötzlich spielt es keine Rolle mehr, ob ich reich bin oder arm: Gottes Geschenke werden von einem zum anderen gereicht. Selig, die arm sind vor Gott – denn sie können sich etwas schenken lassen. Selig, die reich beschenkt sind von Gott – denn sie freuen sich wie über eine Marienkäfer-Lampe. 
J. Schönemann


Mo. 16. Dezember: Ganz anders als erwartet

"Der Herr antwortete: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle."
1 Könige 19, 11-13

Gott kommt im sanften, leisen Säuseln! Nach Sturm, Erdbeben und Feuer erlebt Elija die Gegenwart Gottes ganz unvermutet und mit einer fast zärtlich anmutenden Sanftheit – Gott zeigt sich als der ganz Andere, er sprengt und ent-täuscht die menschlichen Erwartungen. Und so wie Elija vor einigen tausend Jahren die Gegenwart Gottes mit Macht und Gewalt erwartet, so legen heute viele Menschen Gott fest auf die wenigen Momente der Stille, erwarten sein Kommen nur dort, wo man ihm genügend Raum schafft. Ich glaube, dass Gott damit ähnlich in ein Schema gepresst wird, wie es schon bei Elija im Alten Testament geschieht. Gott kommt so ganz anders als wir es erwarten. Er lässt sich nicht in unsere Kategorien pressen und verschafft sich Raum dort, wo sein Handeln, seine Gegenwart spürbar werden soll. Der Gott, der in Jesus Christus in einem Stall sein menschliches Leben begonnen hat, der sich ganz klein macht, um uns nahe zu sein, er braucht nicht unsere Vorbereitungen, unsere begrenzten Möglichkeiten: Er kann sie jederzeit durchbrechen. Für meinen persönlichen Advent sagt mir das: Sei nicht verzweifelt, wenn die Ruhe sich wieder nicht einstellen will, sei nicht verzagt, dass Gott so niemals bei dir ankommt. Er ist schon da, wenn du durch Straßen eilst auf der Suche nach den Geschenken für die Lieben, wenn du in der Schlange beim Postschalter stehst, um die Weihnachtskarten aufzugeben, er verwandelt deinen hektischen Alltag in eine Zeit der Vorbereitung, und begegnet dir auf jedem deiner Schritte. Er kommt, wenn du bereit bist ihn auch dann aufzunehmen, wenn du ihn nicht erwartet hast. Ganz genau wie damals bei Elija: denn er hüllte sein Gesicht in den Mantel und trat Gott entgegen.
A. Dörner

So. 15. Dezember, 1. Adventssonntag: Der sich den Erdkreis baute

Wer gleicht dem Herrn, unserem Gott,
im Himmel und auf Erden,
ihm, der in der Höhe thront,
der hinabschaut in die Tiefe,
der den Schwachen aus dem Staub emporhebt
und den Armen erhöht,
der im Schmutz liegt?
Psalm 113, 5-7

Heute vor 69 Jahren haben Jochen Klepper, seine Frau und deren Tochter ihrem Leben ein Ende gesetzt. Sie sahen keinen anderen Ausweg. Alle Bittgesuche um die Ausreise der Tochter waren abgelehnt worden. Sie sahen für Ehefrau und Tochter aus erster Ehe das Ende in der Gaskammer als unausweichlich. Als Juden hatten sie in Deutschland keine Chance zu entkommen. So sahen sie es alle drei. Vor einem Kreuz knieten sie am Küchentisch, nachdem sie den Gashahn aufgedreht hatten. Die letzten Worte aus dem Tagebuch Jochen Kleppers zeigen einen, der sich nicht von Gott verlassen fühlte: „Wir sterben im Angesicht des segnenden Christus.“ Jochen Klepper hatte es lange abgelehnt, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Das war für ihn Sünde, Schuld vor Gott, dem Schöpfer. Aber er hatte wohl eine andere Sicht bekommen. Christus segnet uns auch bei diesem Ende. Christus ist bei ihm. Trotz des schrecklichen Endes von Jochen Klepper und seinen Lieben, scheint er an Gott nicht verzweifelt zu sein. Er hielt sich an Jesus Christus fest, in dem Gott selbst schwach und arm geworden ist, nicht nur herab gesehen hat in die Tiefe, sondern in das Elend unserer Welt gekommen ist und Schuld und Tod auf sich genommen hat. Von Jesus Christus fühlte sich Jochen Klepper verstanden. Mit seinem Beistand hat er fest gerechnet. Das war sein Trost für ihn und die Seinen in diesem schrecklichen Ende. Vier Jahre vor seinem Tod hatte er ein anrührendes Advents- und Weihnachtslied geschrieben: „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“
Die letzte Strophe dieses Liedes:
„Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.
Als wollte er belohnen, so richtet er die Welt.
Der sich den Erdkreis baute, der lässt den Sünder nicht.
Wer hier dem Sohn vertraute, kommt dort aus dem Gericht.“
H. M. Steffe

Sa. 14. Dezember: Verwandelt

"Legt den alten Menschen ab, der in Verblendung und Begierde zugrunde geht, ändert euer früheres Leben und erneuert euren Geist und Sinn! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit."
Eph 4,22-24

Wenn jemand die göttliche Kraft in sich aufgenommen hat und zum Teil umgewandelt ist, verbleibt er da noch in seiner Natur? Ja, die Natur bleibt die gleiche. Der Harte bleibt hart, der Milde mild. Zuweilen wird ein unwissender Mensch geistig wiedergeboren und in einen Weisen umgewandelt, und verborgene Geheimnisse werden ihm geoffenbart. Und doch ist er seiner Natur nach ein Unwissender. Ein anderer ist von Natur aus rauh: er weiht seinen Willen dem göttlichen Dienst, und Gott nimmt ihn auf. Seine Natur bleibt rauh, und dennoch hat Gott an ihm sein Wohlgefallen. Ein anderer hat gefällige Manieren, ist anständig und liebenswürdig. Auf ein Pergament kannst du nach Belieben Verschiedenes schreiben und wieder auslöschen. Denn das Pergament nimmt jede Schrift an. So kann auch ein rauher Mensch seinen Willen Gott hingeben und sich zum Guten wenden, und er wird von Gott angenommen. Denn um sein Erbarmen zu zeigen, nimmt Gott alle an: jeden guten Willen.
P. Makarius


Fr. 13. Dezember: Nadelöhr

"Jesus sah ihn (=den reichen Jüngling) an und sagte: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Denn eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Die Leute, die das hörten, fragten: Wer kann dann noch gerettet werden? Er erwiderte: Was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich."
Lukas 18, 24-27

Das Kamel und das Nadelöhr - zwei Extreme. Nie geht das Kamel durch das Nadelöhr, beim besten Willen nicht! So ist es auch mit einem Reichen. Er kommt nicht ins Reich Gottes, so die radikale Aussage Jesu. Doch gleich im nächsten Kapitel passiert das, was Jesus vorher ausgeschlossen hat: Jesus kehrt bei Zachäus, einem reichen Zöllner, ein und sagt: Heute ist in dieses Haus das Heil gekommen.
Anscheinend ist bei Jesus Reichtum nicht gleich Reichtum. Zachäus ist bedürftig und weiß um seine Bedürftigkeit. Der andere Reiche, an den Jesus in seinem Gleichnis denkt, ist nicht mehr als sein Besitz. Ihm bleibt nur das Nadelöhr, durch das zu zwängen ihm unmöglich ist. Eine unerträgliche Botschaft für viele Menschen, damals und heute, denen es nur um Besitz und Reichtum geht. Deshalb die Nachfrage der Jünger: Sind auch wir gemeint? Werden auch wir vor dem Nadelöhr stehen und nicht hindurch passen?
Jesu Antwort darauf ist umfassend und so ganz anders, als die menschliche Logik von menschlichem Tun und göttlichem Belohnen ausrechnen will. Was für uns Menschen unmöglich ist, ist für Gott durchaus möglich. Er kann alle Gesetze und Regeln außer Kraft setzen. All das Spekulieren auf Rettung, ist nichtig. Gott ist es, der das Heil schafft. Der Reichtum tritt plötzlich in den Hintergrund, und eine neue Debatte ist eröffnet: Wie kann ich mit meinem Unglauben durch das Nadelöhr? Und Jesus antwortet: Indem du dich so klein machst wie Zachäus. Dann werde ich auch auf dich zugehen und auch deinem Haus wird das Heil zuteil. Denn bei Gott ist nichts unmöglich.
E. Raabe

Do. 12. Dezember: Das Fest der Liebe

"Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat."
Johannes 3, 16-18

Es ist eine Weihnachtsgeschichte – die Weihnachtsgeschichte, wenn man so will, des Johannesevangeliums. Kein Ochs, kein Esel, keine Wirte, Engel , Hirten und Könige. Kein Stern und keine Maria. Aber von einem Vater ist die Rede – einem Vater und seinem Sohn. Von Hingabe und Glaube, von Gericht und Rettung, von zugrunde gehendem und ewigem Leben. Weihnachten – "das Fest der Liebe"- vor diesem Bibeltext bekommt diese abgedroschene Phrase einen tieferen Sinn: Weihnachten – das Fest der Liebe Gottes für "die Welt". Weihnachten – die Geschichte der leidenschaftlichen Hingabe Gottes für das Verlorene. Ich weiß nicht, inwiefern das noch von unseren Weihnachtsfesten zu erzählen ist. Aber ich wünsche es mir: Geschichten vom liebevollen Engagement füreinander, dass jemand die eingelaufenen Wege verlässt und auf den anderen zugeht, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Geschichten von Neuanfängen, die wir miteinander wagen, weil Gott in Jesus neu anfängt mit uns. Geschichten wie vom Wirt, der sich doch erweichen lässt. Geschichten wie von Maria und Josef, die dem Leben und der Liebe Raum lassen, den Tuscheleien der Nachbarn zum Trotz. Geschichten wie von den Hirten, die ihre Furcht überwinden, der Liebe trauen und dabei über sich selbst hinauswachsen. Welche Weihnachtsgeschichte werden wir in diesem Jahr erzählen können?

Mi. 11. Dezember: Lebensnah und maßlos

"Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden."
Matthäus 7, 1-2

Die Versuchung ist immer da: Ich weiß, was richtig und gut ist. Schon möglich. Aber ich bin nicht allein in meiner Welt. Es gibt nichts ohne Zusammenleben. Und darin ist niemand für andere das Maß aller Dinge. Für sich selbst schon eher. Denn in mir selber spüre ich durchaus, wenn es stimmt und wie viel ich verkraften kann. Meinem Gefühl darf ich trauen. Jesus stellt es nicht in Frage. Im Gegenteil. Niemand muss sich entschuldigen, den eigenen Platz einzunehmen. Niemand muss den eigenen Selbstwert rechtfertigen oder erst verdienen. Gottes Maß überschreitet und geht über menschengemachte Maßstäbe unbegrenzt hinaus. Sein Richten vernichtet nicht und blockiert nicht. Sein Richten öffnet in die Weite der liebenden Freiheit. ER ist in ihr und ihm mit Seinem Lebensatem da ebenso wie in mir. So begegnen wir uns auf göttlichem Niveau. In Seinem Maß gilt: immer wieder von Neuem, immer wieder Hoffen auf mehr. Für uns heißt das: immer wieder größeren Glauben und Zusage für Lieben ohne Ende. Kein Schuldigwerden und kein momentanes Unvermögen beenden solche Liebesbeziehung. Im Gegenteil. In jeder eigenen Erfahrung und anheimgefallenen Versuchung sind tiefere Einsicht, Gewahrsam und Wiederbeginn. Seine Größe und Liebe ist ausgegossen in unsere Herzen. Wir begegnen uns auf Augenhöhe. In jedem Augenblick von Neuem, in jedem durchlebten Nu durch und durch genährt, lebensnah und maßlos.
O. Maas

Di. 10. Dezember: Vergiss die Gebeugten nicht

"Herr, steh auf, Gott, erheb deine Hand,
vergiss die Gebeugten nicht!
Warum darf der Frevler Gott verachten
und in seinem Herzen sagen: "Du strafst nicht"?
Du siehst es ja selbst;
denn du schaust auf Unheil und Kummer.
Der Schwache vertraut sich dir an;
du bist den Verwaisten ein Helfer.
Zerbrich den Arm des Frevlers und des Bösen,
bestraf seine Frevel,
sodass man von ihm nichts mehr findet."
Psalm 10, 12-15

Würde man werdende Eltern fragen: „Was wünscht Ihr Eurem Kind?“ – So würden die meisten antworten: „Wir wünschen uns, dass unser Kind aufrecht durch’s Leben gehen kann!“Aufrecht, das heißt: nicht gebeugt zu sein von der Last des Lebens, der Einsamkeit, der Krankheit, des Systems, des Hungers, der Boshaftig-, Herzlosig- und Engstirnigkeit anderer. Aufrecht, das heißt auch: sich nicht ducken zu müssen vor Scham im Angesicht der eigenen Schlechtigkeit, der Gemeinheiten und bösen Worte, der Ignoranz, der Freveleien, die einem selbst entspringen. Wie oft gehen uns während der Nachrichten ähnliche Worte durch den Sinn wie dem Psalmbeter. Wir wünschten uns, dass Gott sich erhebt und den bitteren Ungerechtigkeiten der Welt ein Ende machen würde; dass die Gebeugten wieder aufrecht gehen können; und dass Gott all die Frevler - die auf so vielerlei Weise menschliche Würde und Rechte untergraben - zerbricht, dass man nichts mehr von ihnen findet. Es ist leicht, sich bei den „Freveltaten“ andere vorzustellen, diejenigen, die erwiesenermaßen viele Menschen zu Gebeugten gemacht haben. Und es ist leicht, sich selbst in der Rolle dessen zu sehen, der ebenfalls gebeugt von Last und Leid durch die Welt geht. Aber sind wir selbst nur die Guten, die auf dem Sofa sitzend darum beten dürfen, dass Gott die bösen Anderen bestraft?! Im nahenden Licht der Weihnacht will ich mein Herz durchforschen und Gott bitten, diese Welt zu verändern – und bei mir anzufangen. Mit seinem Segen ein aufrechter Mensch zu werden.
M. Wejwer

Mo. 09. Dezember: Auch Jetzt noch

"Spruch des Herrn:
Kehrt um zu mir von ganzem Herzen
mit Fasten, Weinen und Klagen.
Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider,
und kehrt um zum Herrn, eurem Gott! Denn er ist gnädig und barmherzig, 
langmütig und reich an Güte
und es reut ihn, dass er das Unheil verhängt hat."

Joel 2, 12+13
Mein Herz zerreißen soll ich, dass die Fetzen fliegen? So wie trauernde Juden das mit ihren Kleidern nach einem Todesfall tun? Das tut ja weh! Es reißt doch tief rein, wenn ich bisweilen meine Herz- und Seelenwelt zur Analyse auseinander nehme. Was hat sich da an Ballast angesammelt und abgelagert, haben sich Wunden eingegraben und entzündet! Manches haben andere bei mir angerichtet, vieles habe ich mir selber beschert: Hader mit Nachbarn oder Kollegen, Zoff in der Familie und immer wieder Relikte aus Niederlagen gegen den Schweinehund in mir. Ballast stapelt sich im Herz- und Seelenzentrum, mahnt zum Großreinemachen. Wohin aber mit dem ganzen Zeug, das ich mir und anderen nachtrage? Dieses Nachtragen kostet mich ja enorm Kraft, die ich viel besser fürs eigentliche Leben brauchen könnte. Also: Ich zerreiße den Seelenmüll zu Fetzen und werfe die Energie raubende Last in einer großzügigen Vergebungsaktion weg: heilsam Vergeben statt niederdrückend Nachtragen. Kein Stress!Schade nur, dass keiner den Ballast will. Haben ja selbst genug zu schleppen, die lieben Mitmenschen! Ich bin so frei und nehme also das Angebot an: „Kehrt um zum Herrn, eurem Gott; er ist gnädig und barmherzig.“ Da wird er doch auch mir innerlich Platz schaffen und mir die Lasten abnehmen. Gott sei Dank! „Der Stress nimmt enorm ab, wenn man es schafft, sich selbst oder anderen zu vergeben.“ Das hat neulich in einem Interview der Stuttgarter Psychotherapeut Reinhard Tausch gesagt. Er ist 90. Er muss es schließlich wissen. „Wenn man es schafft“, sagt er. Ich meine, das gnädige und barmherzige Angebot von ganz oben macht das Herzzerreißen und das Vergeben spürbar leichter.
U. Renz 

So. 08. Dezember, 2. Adventssonntag: Aufatmen und leben 

"Der Herr ging an Mose vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue: Er bewahrt Tausenden Huld, nimmt Schuld, Frevel und Sünde weg, lässt aber den Sünder nicht ungestraft; er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation."
Exodus 34, 6+7

Keiner sagt etwas, und doch spüre ich die Schuld: beim Anblick des Krematoriums, beim Schreiten durch die niedrige Gaskammer, über der ein Schild zum "Brausebad" einlädt. Keiner sagt etwas an diesem Nachmittag im KZ Dachau, und doch spüre ich die Schuld, die mich verfolgt – bis heute. Ob ich es wissen will oder nicht. Ich trage die Verantwortung mit mir herum, die Last meiner Väter und Mütter. Die Schuld verfolgt mich bis heute. Und manchmal erdrückt sie mich fast. Als Mose die Steintafeln der 10 Gebote zerbrochen hatte, da bat er Gott um Vergebung für die Schuld. Mit den 10 Geboten war alles zerbrochen, was einmal galt an Ethik und Recht. Was würde nun werden?Und Gott trat vor Mose und sprach zu ihm. "Die Schuld verfolgt dich und dein Volk, damit musst du leben, aber die Schuld soll dich nicht zerstören. Ich nehme sie auf mich und mache dich frei." Dieses Versprechen erfüllt sich an Weihnachten. Das Kind in der Krippe stellt die Verbindung her zu Gott. Bei ihm kann ich abgeben, was mich niederdrückt. Ich muss mich dem Erbe meiner Vorfahren zwar stellen, aber Last, die mich niederdrückt, kann ich abgeben bei Christus. Er trägt die Schuld und die Last der Welt, damit ich aufatmen und leben kann.    
Karina Beck

Sa. 07. Dezember: Er entfernt die Schuld von uns

"Der Herr ist barmherzig und gnädig,
langmütig und reich an Güte.
Er wird nicht immer zürnen,
nicht ewig im Groll verharren.
Er handelt an uns nicht nach unsern Sünden
und vergilt uns nicht nach unsrer Schuld.
Denn so hoch der Himmel über der Erde ist,
so hoch ist seine Huld über denen, die ihn fürchten.
So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang,
so weit entfernt er die Schuld von uns."
Psalm 103,8-12

"Groß bist du, o Herr, und überaus preiswürdig; groß ist deine Stärke, und deiner Weisheit ist kein Ziel gesetzt". Und dich will loben der Mensch, ein winziger Teil deiner Schöpfung, ein Mensch, der schwer trägt an der Bürde seiner Sterblichkeit, schwer trägt auch am Zeugnis seiner Sünde und am Zeugnis, dass du den Stolzen widerstehest. Und dennoch will dich loben der Mensch, selbst ein Teil deiner Schöpfung. Du selbst bringst ihn dazu, in deinem Lobpreis eine Herzensfreude zu suchen, denn geschaffen hast du uns auf dich hin, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir
A. Augustinus

Fr. 06. Dezember: Aufrichtig

"Der Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe, allen, die zu ihm aufrichtig rufen."
Ps 145,18
Schon beim ersten Lesen fällt mir ein Wort ins Auge: „aufrichtig“. Aufrichtigkeit soll eine Voraussetzung sein, damit mir Gott nahe ist? Dass ich ihn anrufen kann und um seine Nähe bitten, das ist mir nicht fremd. Stutzen lässt mich, dass der Autor des Psalms so deutlich die Ergänzung anfügt, dass es dazu schon das richtige Rufen braucht. Ich stutze, weil ich auch spüre: Aufrichtig sein, das bedeutet, mit mir in Beziehung zu treten. Und alles, was ich da bei mir entdecke und wahrnehme, dem Gegenüber zu zeigen. Es geht wohl darum, mich meinem Gott so zu zeigen, wie ich bin. Ehrlich zu dem zu stehen, was mich ausmacht und was mir fehlt. Unverfälscht zu äußern, was in meinem eigenen Inneren ist. Tatsächlich meinen Gefühlen zu trauen und diese unverfälscht auszudrücken. Mit meiner Seele in Kontakt zu kommen und dann mit meinen Ängsten und Hoffnungen, meinen Fragen und meinen Antworten meinen Gott, meinen Bruder und Freund Jesus anzurufen.Das will ich heute mal ausprobieren. In einer ruhigen Zeit, vielleicht heute nach einem früheren Feierabend und an einem bewusst gewählten Ort wie einer Kirche oder Kapelle: Mit mir in Kontakt treten und meine Seele spüren. Und Gott mit meinem Dank und meinen Anliegen anrufen. Der Autor des Psalms jedenfalls macht mir Mut: Der Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe, allen, die ihn aufrichtig anrufen:
M. Essig

Do. 05. Dezember: Warum hast du mich verlassen?

"Als die sechste Stunde kam, brach über das ganze Land eine Finsternis herein. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloï, Eloï, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
Mk 15,33-34

Die erste Adventswoche: Noch gehen wir mit einigermaßen ruhigen Schritten auf Weihnachten zu, es ist noch Zeit für Adventsbummel und Weihnachtsmarktbesuche. Wir freuen uns auf den Nikolaustag und das kommende Weihnachtsfest, warten auf das Kommen Gottes zu den Menschen – und hier ist nun zu lesen, wie wir Menschen ihn bereits ans Kreuz genagelt haben. Was soll das?Das himmlische Kind liegt noch nicht einmal in der Krippe, und schon reißen wir es dort heraus und legen es aufs Kreuz. Gottverlassen. Nein, wirklich - was soll das? Völlig quer stehen diese beiden Bibelverse zur üblichen Adventsstimmung. Und doch erschallt der verzweifelte Ausruf des gekreuzigten Jesus genau zur richtigen Zeit. Denn tatsächlich ist dieser Ruf Jesu das hörbare Signal, dass der „Advent“, die Ankunft Gottes bei den Menschen, Wirklichkeit ist. Gott kommt zu den Menschen. Mehr noch, er kommt uns in Jesus auch noch ganz nah! So nah, wie nur irgend möglich; eigentlich sogar näher als möglich. So nah, wie es nur Gott möglich ist: So nah, dass er selbst Mensch wird - und schließlich auch das Leid, auch das Gefühl der Gottverlassenheit, ja sogar das Sterben mit uns Menschen teilt.
Das beginnt in Bethlehem, das beginnt damit, dass er nicht in einem Palast, einer antiken Villa oder wenigstens in einer Herberge zur Welt kommt, sondern in einem Stall. Das führt ihn schließlich bis nach Jerusalem, wo er nicht - seiner himmlischen Herkunft angemessen - einen Thron oder ein „Allerheiligstes“ besteigt, sondern alleingelassen am Kreuz stirbt. Von Menschen verhöhnt, von Gott augenscheinlich verlassen - in dieser völligen Ferne ist er uns ganz nah. Was für ein Geschenk kommt da an Weihnachten auf uns zu: Wir können uns der Liebe eines Gottes anvertrauen, der eben nicht von Ferne herrscht, sondern der unsere Angst, unsere Gottverlassenheit, ja sogar das Grab von innen kennt! So nah kommt uns Gott, so nah  i s t uns Gott. „Du bist mir näher als ich mir selbst bin“ – betet der nordafrikanische Bischof Augustinus um 400 in seinen „Bekenntnissen“ zu Gott; diese Worte bete ich mit…
O. Weidermann

Mi. 04. Dezember: Wo ist nun dein Gott?

"Ich sage zu Gott, meinem Fels:
"Warum hast du mich vergessen?
Warum muss ich trauernd umhergehen,
von meinem Feind bedrängt?"
Wie ein Stechen in meinen Gliedern
ist für mich der Hohn der Bedränger;
denn sie rufen mir ständig zu:
"Wo ist nun dein Gott?"
Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
meinem Gott und Retter, auf den ich schaue."
Ps 42,10-12

Es tut weh, wenn jemand sich über etwas lustig macht, das einem am Herzen liegt. Mir ist der Glaube wichtig. Die Frage „Wo ist nun dein Gott?“ fährt mir in die Glieder. Es schmerzt, wenn jemand mein Gottvertrauen als sinnlos oder naiv betrachtet. Gott hat mich doch ins Dasein gerufen - und bei meinem Namen! Auch wenn ich ihn im Alltag aus den Augen verliere, schaut er mich immer liebevoll an.
„Wo ist nun dein Gott?“ Das ist ja eigentlich gar keine Frage, sondern eine Feststellung. Wie soll ich mich verhalten? Ich werde zuerst den Schmerz wahrnehmen, den ich empfinde, wenn Gott in weite Ferne verwiesen und sein Wirken geleugnet wird. Meist sind diese Leugnungen nicht so direkt, sondern unauffälliger. Viele denken: Wer Gottes Wirken nicht beachtet, leugnet ihn doch noch lange nicht. Aber wenn Gott wirklich mein Fels und Retter ist, gilt doch geradewegs das Gegenteil: Wenn ich nicht wahrnehme, dass ich aus Gottes Kraft und eben nicht aus eigener lebe, leugne ich bereits Gott.
So werde ich im Advent bewusst meine Wahrnehmungsfähigkeit schulen: Ein Mensch kommt auf mich zu. Eine zufällige Begegnung? Nein, die Begegnung fällt mir von Gott her zu, der mir durch diesen Menschen etwas sagen will. Oder plötzliche Momente innerer Freude und Stimmigkeit: Alles ist in Ordnung, ich spüre Wärme im Körper und Wohlsein im Geist. Oder es steigt die Sehnsucht zu beten in mir auf.
Mein Schmerz darf keine Ablehnung oder Antipathie gegen den Menschen in sich tragen, der meinen Glauben infrage stellt. Ich möchte diesen Menschen annehmen, ja lieben. Beide sind wir von Gott aus Ackerboden geformt. Und beide werden wir ständig von seinem Atem belebt.
W. Steffel

Di. 03. Dezember : Ich bin da

"Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der «Ich-bin-da». Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der «Ich-bin-da» hat mich zu euch gesandt."
Exodus 3,14

Dornbusch, Distel, Stechapfel, Schlehe, Berberitze, Kaktee.
Keine Rose ohne Dornen
Kein Wald ohne Gestrüpp
Kein Herz ohne Stacheln, nach innen oder nach außen
Kein Leben ohne Schmerz
Kein Mann ohne Schuld
Keine Frau ohne Scham
Kein Ort ohne Gott
Einmal fragte ein Mann Rabbi Josua ben Karechah: "Warum wählte Gott einen Dornbusch, um aus ihm mit Mose zu reden?" Der Rabbi antwortete: "Ich sage dir: Gott hat den ärmlichen und kleinen Dornbusch gewählt, um dich zu belehren, dass es auf Erden keinen Platz gibt, an dem Gott nicht anwesend ist. Noch nicht einmal einen Dornbusch.". Dornbusch, Distel, Stechapfel, Schlehe, Berberitze, Kaktee. Im Dorngestrüpp deines Lebens, jenseits von Glanz und Gelingen und Höher-Schneller-Weiter, kann es passieren, dass Gott dir begegnet. Du erschrickst dann wie Mose, weil du meinst, zu jung, zu alt, zu klein, zu dick, zu dünn, zu dumm, zu schuldig, zu peinlich, zu irgendwas zu sein.Du erschrickst und wünschst dir vielleicht, dass nicht du gemeint bist. Dass es sich um einen Irrtum handelt und alles bleibt wie zuvor und du weiter Schafe hüten oder andere bewundern oder Blumen gießen oder Diäten machen kannst. Dann wird Gott dir den Namen geben, seinen Namen: Ich bin da. Den Namen gegen das Alles-bleibt-wie-es-war. Den Namen gegen das "Ich bin nicht gut genug." Den Namen gegen den Selbstzweifel.
B. Mattausch
Dornbusch, Distel, Stechapfel, Schlehe, Berberitze, Kaktee
Keine Rose ohne Dornen
Kein Wald ohne Gestrüpp
Kein Herz ohne Liebe
Kein Leben ohne Neubeginn
Kein Mann ohne Glück
Keine Frau ohne Glanz
Kein Gotteskind ohne Kratzer
Kein Ort ohne Gott,
der heißt: Ich bin da.

Mo. 02. Dezember: Du bist vertraut mit all meinen Wegen

"Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken. Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen. Noch liegt mir das Wort nicht auf der Zunge - du, Herr, kennst es bereits."
Psalm 139, 1-3

Der Schutz der Intimsphäre ist für ein menschenwürdiges Leben unerlässlich. Gerade Prominente können ein Lied davon singen. Auf Schritt und Tritt beobachtet, müssen sie damit rechnen, dass intime Details ihres Lebens – medial aufbereitet – öffentlich ausgebreitet werden. Besonders, wenn Scheitern, Schuld und Versagen im Spiel sind, scheint das öffentliche Interesse ausgeprägt. Wie aber ist das mit Gott? Er weiß alles, hört alles, sieht alles. Ihm bleibt kein Gedanke, kein Wort, kein Geheimnis verborgen. Gott – ein Kontroll-Freak? Wer will schon immer beobachtet, womöglich kontrolliert werden. Nicht zu leugnen, dass durch die Kirche auch ein solches Gottesbild verbreitet wurde (und hoffentlich nicht mehr wird)! Der Dichter der Psalmen-Verse teilt seine Erfahrungen mit: Gott will mir nicht Angst machen, sondern Hoffnung stiften; er will mich nicht einengen, sondern zum Leben befreien. Dieser Gott, der mich ins Leben geschaffen hat, ist für mich da, er weiß um mich und er sorgt sich um mich. Wenn einer so für mich da ist, kann ich mich ganz gelassen unter seine Führung stellen. Ich weiß, dass mein Leben, das ich selbst gestalte und lebe, gelingen wird. Denn was auch geschieht: Die Zusage Gottes – sein Ja zu mir – ist unverbrüchlich.
M. Schneider
So gehe ich in der Kraft meines Gottes,

nichts kann mich schwächen.
Ich gehe in der Kraft seines Geistes,
nichts kann mich entmutigen.
Ich gehe in der Kraft seiner Liebe,
nichts kann mich davon abhalten.
In Gottes Segen gehe ich.

So. 01. Dezember, 1. Adventssonntag: Anklopfen

"Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir."
Offenbarung 3,20

Hast du schon einmal vor einer Tür gestanden, angeklopft - und es dauerte und dauerte, bis jemand endlich  »herein« rief? Wahrscheinlich nicht nur einmal. Jeder, jede, kann davon erzählen, auch was wir dabei fühlten. Manchmal empfanden wir das Warten wie eine Ewigkeit, wurden unruhig, ungeduldig oder hatten Angst, abgewiesen zu werden. Ein gutes Gefühl dagegen, wenn uns jemand mit Freude erwartete.
Die Adventszeit lenkt unsere Aufmerksamkeit auf jemanden, der vor unserer Tür steht. Jesus von Nazareth. Er fällt nicht mit der Tür ins Haus. Überrumpelt mich nicht. Klopft an. Ruft unaufdringlich. Wartet geduldig. Bis ich ihn herein bitte. Zu mir ganz persönlich. In mein Lebenshaus, meine augenblickliche Lebenssituation, in günstige oder weniger günstige Lebensumstände.
Der, den ich vielleicht schon lange weit weg und fern von mir empfand, ist mir ungeahnt näher, als ich es mir vorstellen kann. Sein Name steht für Treue und Zuverlässigkeit, für gastfreundliche Verbundenheit wie bei einem Festmahl. Seine Stimme ist einladend, nicht laut, tut gut. Ihm die Tür zu öffnen, bringt Leben ins Haus. Macht Lust aufzuräumen und die Wohnräume besser, sinnvoller und schöner zu gestalten.
Eine Freude auch für die Menschen, die mir bisher so unendlich fern und fremd erschienen. Meine Tür steht für sie offen. Ich kann mich ihnen öffnen, sie anhören, für sie da sein. Sollte ich Jenen draußen vor der Tür stehen lassen? Möglicherweise überhöre ich sein Anklopfen, seine Stimme im Alltagstrubel. Gott wartet. Und übertrifft alle meine Erwartungen.
H. Janssen


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